<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> Einleitung. VII <lb/>
Reichlicher als die Gaben der Musen, ja verhältnismässig reich ist <lb/>
die Folklore von Sur- und Sutsess. Von den Märchen, welche in ihrer <lb/>
Mehrzahl allerdings zu den bekannten Typen gehören, verdient das von <lb/>
der bösen Prinzessin, ebenso das vom März und vom Bauer besondere Beachtung. <lb/>
… Letzteres scheint uns uraltes rätisches Erbgut zu sein. <lb/>
Neben den Sagen von den Bergschlössern, von denen die Pässe <lb/>
gekrönt und bewacht werden, seien noch die Sagen von den Waldfrauen <lb/>
(violas) erwähnt, da sie in den Überlieferungen des Oberhalbsteins eine bedeutende <lb/>
… Rolle spielen. <lb/>
Überraschend gross ist die Zahl der Rätsel, die den Erdgeruch der <lb/>
Heimat haben. Unter den Kinderliedern und Sprüchen weisen wir auf <lb/>
den gewiss weit in die Vergangenheit zurückgehenden Spruch hin, der <lb/>
bei der Loslösung der Rinde von der Weidenrute in Anwendung kam. <lb/>
Das Versprechen, Butter und Honig dem Strauch zu geben, wenn er den <lb/>
Wunsch erfülle, lässt auf ein Baumopfer schliessen. <lb/>
Auch im Oberhalbstein begegnen wir den drei Fräulein, von denen <lb/>
die eine spinnt, die andere schneidet, die dritte den grossen Floh tötet. <lb/>
Die zumal im Hochgebirge erklärliche Verehrung des Nebels, von <lb/>
der so mancher Kinderspruch erzählt, erhält im Oberhalbstein einen neuen <lb/>
Beleg. Hier kennt das Kinderliedchen ein Wolkenross, während die Nebelsprüche <lb/>
… der Surselver hauptsächlich anthropomorphisch sind. <lb/>
Die alten Sprüche erzählen uns wie die Kinderlieder von längst entschwundenen <lb/>
… Zeiten und Kulturen. Wenn in den Sprüchen des 14. und 15. Jahrh. <lb/>
der hl. Benedikt gegen Blitz und Donner angerufen wird, so führt diese <lb/>
Angabe den Geschichtsforscher, wie die Leitmuschel den Geologen, in eine <lb/>
weit abliegende Vergangenheit zum Kloster Müstaigl, von dem ausser <lb/>
einer Urkunde des Jahres 925 nur die einsame Klosterkirche des hl. Petrus, <lb/>
voreinst die Pfarrkirche der ganzen Albula - Landschaft, zu erzählen weiss. <lb/>
Das Benediktinerkloster, von dem das Hospiz seinen Unterhalt empfing, <lb/>
jenes Hospiz, das später auf den Septimer verlegt und das wie so manches <lb/>
Haus dieses Ordens ein Kulturzentrum wurde, erlag dem Kampfe, den das <lb/>
Bistum mit den Bergklöstern um die Alpenpässe führte und der in der <lb/>
bündnerischen Geschichte des Mittelalters einen so weiten Raum einnimmt. <lb/>
Wenn in den letzten Jahrhunderten im Oberhalbstein gewöhnlich surselvisch <lb/>
… gesungen wurde, so hat sich bei langer und sorgfältiger Nachforschung <lb/>
… noch eine überraschend grosse Anzahl sur- und sutsettischer <lb/>
Volkslieder gefunden. Von vergangenen Zeiten, da ein reger Verkehr <lb/>
und ein politisches Bündnis Avers mit Oberhalbstein verband, erzählt die <lb/>
Variante Nr. 29b … und das alte Lied, in dem das Mädchen klagt, es wolle <lb/>
seinen Garten pflegen, es müsse im nächsten Jahre in das wilde Averstal, </body> </text></TEI>