<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> 8 Einleitung. <lb/>
bei diesem Versuche von seinem heimischen Dialekte ausging, glaubten <lb/>
wir hier, Proben dieser Einheitssprache geben zu sollen. Damit ist durch <lb/>
vorliegenden vierten Band die sur- und subselvische Literatur abgeschlossen. <lb/>
Seit dreissig Jahren haben wir Beiträge zur Volksmedizin gesammelt, <lb/>
wobei wir auf die grössten Schwierigkeiten stiessen. Die einen scheuten <lb/>
sich, die ererbten Mittel vor fremden Augen auszubreiten, weil sie die <lb/>
Spottlust nicht wecken wollten, während andere in diesen Mitteln eine <lb/>
Erwerbsquelle sahen, die sie für sich behalten wollten. Manches, was wir <lb/>
als Ergebnis unseres Sammelns darbieten, geht auf eine prähistorische <lb/>
Kultur zurück, während anderes sich auf mittelalterliche Physiologie und <lb/>
Kräuterbücher zurückführen lässt. <lb/>
Im rätoromanischen Volksmund leben bis zur Stunde die „siben Schönen“ <lb/>
fort, die zu Hans Sachsens Zeit bei den Deutschen allgemein bekannt waren. <lb/>
Das junge Geschlecht weiss selten mehr, wie die Kinder der Fluren <lb/>
und Alpen romanisch heissen; wer es erfragen will, darf keine Mühe <lb/>
scheuen. Wer aber solche Blumennamen erlauscht, sieht längstzerfallene <lb/>
Kulturen wiedererstehen und schaut hinüber in den dämmernden Zauber <lb/>
verschollener Zeiten. Auch über den rätoromanischen Blumennamen ruht der <lb/>
Schmelz jener gemütstiefen und dichterischen Auffassung der Natur, wie <lb/>
sie jedem Volke eigen ist, mag es in der Ebene gehen oder bei den <lb/>
Gletschern wohnen. <lb/>
An dieser Stelle sprechen wir dem Herrn Kollegen Dr. Ursprung den <lb/>
besten Dank aus für die freundliche Hülfeleistung bei Bestimmung der <lb/>
Pflanzen, deren rätoromanische Namen wir gegeben haben. <lb/>
Endlich bringen wir noch eine Nachlese zu den Sprichwörtern, sprichwörtlichen <lb/>
… Formeln, Landwirtschaftsregeln und alten Sprüchen; auf dem <lb/>
weiten Feld des Sprichwortes fanden sich noch vergessene Ähren, während <lb/>
Märchen, Sagen, Rätsel und Kinderspiele ziemlich vollständig gesammelt sein <lb/>
dürften. Die Sammlung der Sprichwörter ergab eine verhältnismässig reiche <lb/>
Ernte; sind doch mehr als ein Halbtausend nach Inhalt und Ausdruck <lb/>
echt romanischer Zeugen alter Spruchweisheit … zusammengekommen. <lb/>
Den Kinderliedern haben wir noch einen längeren Spruch angereiht, <lb/>
der einem für uns verschollenen Märchen angehört haben mag oder das <lb/>
Bruchstück eines Reimmärchens bildet. <lb/>
Der Spruch über den Nebel ist ein weiterer Beitrag zu den alten <lb/>
Sprüchen, die uns vom Nebelmythus bei den Rätoromanen berichten. <lb/>
Es ist uns auch gelungen, zu den in Band I gegebenen 15 Abzählungsreimen <lb/>
… noch drei hinzufügen zu können. Es ist wunderbar, wie sich in <lb/>
diesen kleinen Dingen die Sprachmischung, zugleich der jahrhundertlange <lb/>
Sprachenkampf bei den Rätoromanen wiederspiegelt. </body> </text></TEI>