<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> VIII Einleitung. <lb/>
Außerachtlassung der Universalität der Folkloristik; aber im großen und <lb/>
ganzen erkannte er schon damals mit einer genialen Intuition, wo Schätze <lb/>
lagen, die gehoben werden mußten. Er wies auf Reste des Wuotan - Kultus <lb/>
hin, gab Belege fürs Totenvolk, für den Naturmythus, fand in der „dunna <lb/>
alva“ die holde Berchta, entdeckte im Scheibenwerfen den Thorkultus und <lb/>
in den patlaunas älteste Opferkuchen, glaubte Druidensteine gefunden zu <lb/>
haben, entdeckte die Verwandtschaft der Walküren in den romanischen <lb/>
strias, die Hagel bräuen und den göttlichen Eber der Freya, auf welchem <lb/>
diese zur Walhalla ritt, fand er im Märchen des Oberländers, der vom <lb/>
Paris an die bündnerische perdanonza auf einem Schwein ritt. Das <lb/>
Katzengespann der Freya scheint in den romanischen Hexen zu spuken, <lb/>
die zu Katzen werden. Klänge der Faustsage bieten die scolars della scola <lb/>
nera, welche Gold finden. Heilige Quellen und der Blitzstrahl, welcher <lb/>
mit der Milch einer schwarzen Kuh gelöscht werden kann, reden von heidnischen <lb/>
… Opfern und vom Naturkultus. <lb/>
Älteste Spuren verloren gegangener Kriegslieder fand Decurtins bei <lb/>
Campell, wo dieser den Schwabenkrieg beschreibt. Andere Volkslieder, <lb/>
zumal die Liebeslieder, „die singend und pfeifend durchs romanische Volk <lb/>
ziehen“, vergleicht er poetisch mit dem „gedehnten, zitternden und doch <lb/>
so melodiereichen Ton der Schalmei, der den Sohn der Berge in der <lb/>
Fremde mit tiefem Heimweh erfüllt und ihn nicht rasten läßt, bis er wieder <lb/>
den zauberischen Klang hört auf den grünen Matten der Heimat.“ Neben <lb/>
den herrlichen Kinderliedern der „Consolaziun della olma“ läßt er auch <lb/>
das beißende politische Lied auftreten. Die Schlußworte geben ein lebhaftes <lb/>
… Bild der Begeisterung, mit welcher Decurtins dasjenige zusammentrug, <lb/>
… was wir jetzt im Riesenwerke der Chrestomathie besitzen. Er sagt: <lb/>
„Auf grüner Matte, hoch über der Menschen Geschlechter, ragen Häuser <lb/>
empor, vom nahen Horste kühl augeweht, vom rauschenden Bach fröhlich <lb/>
begrüßt und vom letzten Strahl der Abendsonne mit fast überirdischem <lb/>
Glanz verklärt, während noch die stolzen Alpenwiesen ringsum hell aufleuchten <lb/>
… in flammender Majestät. Vor jenem Hause dort stehen Burschen <lb/>
und Mädchen, und von den Fenstern herab nickt hernieder in bunter Pracht <lb/>
die duftende Nelke. Von ferne her tönt Herdengeläut und dazwischen, <lb/>
wie im Traume verlassen, das Alphorn. Seltsamerweise kichern die Mädchen <lb/>
… vor jenem Hause nicht. Die Burschen stehen still lauschend in einer <lb/>
Gruppe. Selbst die Kinder haben ihre Spiele vergessen und blicken neugierig, <lb/>
… schier furchtsam auf einen alten Mann mit schneeweißem Haar, der, <lb/>
auf der Bank sitzend, dem jungen Volke erzählt von all den Sagen und <lb/>
all den Liedern, die er von seinen Vätern ererbt. Jenem Greis habe ich <lb/>
auch gelauscht und was er damals in seiner schlichten Weise erzählte, das </body> </text></TEI>