VI Einleitung.
Asche noch glühenden Kohlen zum Brande entfachte. Insofern wir auf
eine möglichst lückenlose Darstellung seiner hieher bezüglichen literarischen
Arbeiten abzielen, dürften die Romanisten daraus zum mindesten den Nutzen
einer klaren Übersicht bekommen.
Herr Dr. Caspar Decurtins wurde zu Truns (Kt. Graubünden) im
Jahre 1855 als Sohn eines Arztes geboren. Mit 18 Jahren hatte er bereits
… die Gymnasialmatura hinter sich und bezog nacheinander die Universitäten
… Straßburg, München und Heidelberg, wo er Geschichte, Literatur,
Philosophie, Jurisprudenz und Staatswissenschaft studierte. Im Sommersemester
… 1875 doktorierte er in Heidelberg. Nach einem weiteren Wintersemester
… in Straßburg wurde er während der Ferien im Mai 1877 unerwarteter
… Weise zum Landamann des Kreises Disentis gewählt. Er trug
tatsächlich noch die Studentenkappe und beabsichtigte noch an der Universität
… in Basel im Jus zu doktorieren, als der Reiz dieser Ehre ihn sofort
… der Politik zuführte. Er vertrat seinen Kreis als Kantonsrat in der
bündnerischen gesetzgebenden Behörde bis zum Jahre 1905, wo er sich
von der engeren Politik zurückzog. Eine ausgesprochen gegnerische Zeitung
gab dem Scheidenden, der sehr oft das Wort ergriff, das Zeugnis: „Er hat
nie den Rat gelangweilt, was von anderen sich nicht behaupten läßt.“ Von
1881 — 1905 war er gleichzeitig schweizerischer Nationalrat. Im eidgenössischen
… Parlament vertrat er als Führer die katholische sozialpolitische
Gruppe der konservativen Partei. Seit seinem freiwilligen Ausscheiden aus
dem politischen Leben wirkte er als Professor der Kulturgeschichte an der
Universität Freiburg (Schweiz). Er war einer der Gründer dieser Universität
… gewesen (1889) und rechnete darauf, daß eine Hochschule auf der
Grenzscheide des germanischen und gallischen Volkes im Geiste katholischer
Kultur zwei Nationen verbindend und aus zwei Nationen Anregung schöpfend
eine große Zukunft haben müsse. Decurtins verließ seinen Lehrstuhl 1914
und zog sich nach Truns zurück, wo er am 30. Mai 1916 infolge eines
Schlaganfalles starb. Er hatte am 15. des Monats genau am 25jährigen
Jubiläumstage der Encyclica „Rerum novarum“ seinen ersten Schlaganfall
erlitten. Für diese Magna Charta katholischer Sozialpolitik hatte Decurtins
den Boden vorbereitet; er war Leo XIII. Berater und trug dieses päpstliche
… Rundschreiben mit größtem Propagandaeifer in die Arbeiterkreise und
in die Parlamente. Er war dazu in vorzüglicher Weise befähigt durch
sein enzyklopädisches Wissen, seine literarische Tätigkeit und seine Beredsamkeit,
… die europäischen Ruf hatte. Bekannt ist ferner seine entschiedene
Stellungnahme gegen das Eindringen modernistischer Ideen auf allen Kulturgebieten.
… Papst Pius X. ehrte diese seine Tätigkeit. Es ist hier nicht
der Ort, um über diese Arbeitsgebiete weitere Andeutungen zu geben, den
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