Band: XIII

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In Band XIII liegen die Seitenzahlen zwischen 7 und 246.
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Mantinedas, Leichen Gedichte, Bußlieder, Spottgedichter
mein Leben ist: so lieb ich auch mein Schaz. Und wo mein Schaz
gewesen ist, da lieb ich auch den Platz und Mein liebster ist aus einem
Land, das heißet wilder Dachs. Die Scheelme [f. 2r] gehn zur Kirch herein,
und Prediger ist der Fuchs. Letzteres möchte wohl eher aus dem
Appenzel hieher gekomen seyn. Vielleicht erhaltet man auch die Musik
zu diesem falaliolala. Ich war nie Augenzeuge. Nach Berichte, soll zu
jeder dieser Arien eine Art Tanz unter Mädgen vorgehen, ohngefehr wie
der Anfangs Walzerschritt — der Länge des Zimer auf und herunter, —
zuweilen laßen die Weiber ihr Spinerad und halten mit, an einer Partie
triset. Insgemein reduciren die hießige Mädgen allen Gesang zum schnellen
Takt und zum Tanz. Da ihnen Vas Lieder im Volkston nach Schulz
Composition bekand wurde, verglichen sie das einte mit einem ihrer
Tänzen. / Den Tanz Takt nennen sie pass. / Daher ist bei ihrem Kirchengesang
so wenig Feyerliches noch Ausdruck. /
Im Hornung — gewöhnlich d 24t trennen sich die Wintergesellschaften
mit einer geschlagenen Milch und Kastanien.
f. 4r. Pfarrer und Pietisten ergrimen ob dem faralaliolet Gesang
und wären erstere gleichgültig dabey: so wird ihm von Alter Übel
gedeutet.
p. 39. Alle Deutsche Geiger klagen sich ab der schnellen Art von
hier im Tanzen.
p. 38. Der Adel tanzt wie das Volk und mit ihm; hat auch keine geschloßene
… Tanz Gesellschaft.
p. 39 Mantinedas / italisch Mantinade / lassen die Knaben des
Nachts unter den Fenstren der Töchdern spielen; in eigener Melodie.
So wie auch eine eigene Tanz Musik bestuhnd, wo beym Aufritt des
Landamen, vor seinem Pferd durch 2. Geiger gespielt wurde. Man nañte
es quella d' al Mastrel. / Des Landamañ Tanz. /
f. af Leichen Gedichte haben insgemein keine Melodien. Werden
noch Heut zu Tag verfertiget. Pfarrer arbeiten selten daran; man hat solche
von Landschreiber, Schulmeister, Schriftgelehrte — oder von solchen die
sich auszeichnen wollen. Der Geschmack hat sich nicht gebeßert. Die
neue Poesie wird dañ begierig abgeschrieben und verwahrt. Auch f.
ag
werden solche von Ausgewanderten verfertigt und hergesandt; oder man
sendet solche nach Frankreich.
Bußlieder. Daphnis wurde vor 40 Jahren oft gesungen — zum
Zeitvertreib. Der Pöbel nimts Übel auf weñ man seine Religions Begriffe
ungeschmakt findet.
3 Spottgedichte haben keine Melodien. Man rezitirt sie auch
vor dem bespotteten. Die Namen der bespotteten werden imer eingerükt.
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