Band: XIII

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In Band XIII liegen die Seitenzahlen zwischen 7 und 246.
3 LA PASSIUN DA SOMVITG.
Einleitung.
Das Somvixer Passionsspiel ist zweifellos das bedeutendste und
nationalste aus allen uns erhaltenen Volksspielen; das von allen europäischen
Völkern behandelte Thema hat hier die eigenartigste Bearbeitung
gefunden und in der weiten Literatur der Passionsspiele wird sich kein
Spiel finden, das so wie das Somvixer die Passion ganz auf den Boden
der eigenen Geschichte und in die Mitte des eigenen Volkes stellt.
Lange suchten wir nach irgendeiner schriftlichen Aufzeichnung über
das Passionsspiel, von dem die alten Männer und Frauen in der Cadi
anfangs der siebziger Jahre noch so vieles wussten, dem sie selbst beigewohnt
hatten, das noch im Alter ihre Phantasie so lebhaft erfüllte, dass
sie mit Begeisterung Einzelheiten aus dem Spiel lebenswarm erzählten.
Allein alle Nachforschungen blieben lange vergebens. Keine der uns erhaltenen
Urkunden, keine der Briefe und Aufzeichnungen des 15., 16., 17.
und 18. Jahrhunderts, wie sie in Gemeindearchiven ruhen, keine der älteren
Tauf- und Totenbücher gaben uns irgendwelche Kunde vom Somvixer
Passionsspiel. So setzten wir unsere Hoffnung auf irgendeinen glücklichen
Fund in Privathäusern, wo wir so manches Volksbuch, manch
seltenes Lied und wertvolle Aufzeichnung bald auf dem Estrich, bald in
einem Keller entdeckt hatten. Wieder schienen alle Nachforschungen ohne
Erfolg zu sein. Selbst das Kopialbuch der Schmid von Grüneck, das für
die Gemeindegeschichte von Somvix so ergiebig ist, schweigt über das Passionsspiel.
Bereits war alle Hoffnung geschwunden, das so gepriesene
Passionsspiel könnte noch aufgefunden werden; da brachte uns im Jahre
1873 Lehramtskandidat Alois Cajacob zwei Handschriften des Somvixer
Passionsspieles und eine Reihe von Rollen, die offenbar bei der letzten
Aufführung gedient hatten. Auf unsere Bitte hatte der glückliche Finder
fleissig Nachschau gehalten, die einzigen uns erhaltenen Handschriften gefunden,
die er gegen geringen Entgelt abtrat, da es ihm ja in erster Linie
daran lag, dass dieses Denkmal rätoromanischer Literatur dem rätischen
1*
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