Band: XIII

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In Band XIII liegen die Seitenzahlen zwischen 7 und 246.
158 LA DERTGIRA NAUSCHA.
Einleitung.
Das den Rätoromanen eigene Schauspiel der „Dertgira nauscha“ scheint
aus jenen Gebräuchen herausgewachsen zu sein, durch die der Wechsel der
Jahreszeiten gefeiert wurde. Bereits in jenen Aufzügen und festlichen Darstellungen,
die dem Vegetationsdämon geweiht waren, finden wir zahlreiche
Ansätze zum Drama, eine lebendige und energische Handlung, sowie einen
lebhaften Dialog.
Es ist wohl am richtigsten, wenn wir hier zuerst die Feier zu Ehren
des Vegetationsdämons, wie wir sie bei den Rätoromanen finden, in ihrer
ältesten Gestalt nachweisen; denn die Darstellung des Gegensatzes der
Jahreszeiten, der Streit zwischen Sommer und Winter verband sich beim
rätoromanischen Volke schon früh mit jener anderen, ins graue Altertum
zurückgehenden Feier. In der Darstellung des Streites zwischen Sommer
und Winter, im Vorfrühling, wenn Frost und Frühling sich die Wage
halten, traten allmählich Fasching und Fastenzeit an die Stelle von Sommer
und Winter, sodass in den im 19. Jahrhundert noch üblich gewesenen
Gebräuchen die Überreste der drei Feierlichkeiten vielfach durcheinandergingen.
Daher ist es nicht leicht, aus den uns erhaltenen späteren Gebräuchen
das Erbe der einzelnen Feste auszuscheiden.
Sehen wir uns die verschiedenen Gebräuche näher an, von denen uns
sichere Kunde ward!
Im Etschland wurde noch im 18. Jahrhundert von Buben und Mädchen
das Wilde - Mann - Spiel aufgeführt. Zingerle gibt uns nach den Erzählungen
einer alten Magd eine genaue Schilderung dieses Spieles, wie es zu Marling
bei Meran üblich war 1). In Festtagskleidung gingen die Mädchen in den
1) Einiges über den wilden Mann in Zeitschrift für D. Mythologie und Sittenkunde,
III. Band, S. 196 — 203.
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