<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> 122 <lb/>
Einleitung <lb/>
der Stammsitz jenes Helden und Führers in der Calvenschlacht, des ruhmvollen <lb/>
Lumarin; es fanden sich viele alte Waffen vor, Schwerter für einfachen <lb/>
und doppelten Griff, Hellebarden und Morgensterne. Die Zuschauer <lb/>
zahlten für die Plätze nicht, man ging nur während des Spieles mit einem <lb/>
Teller herum, wo jeder nach Belieben etwas opferte; meistens waren es, <lb/>
wie Canonicus Arpagaus versicherte, Bündner - Bluzger, später 2-, … 5- und <lb/>
10- Rappenstücke. Bei der Aufführung von 1862 spielte zum Beginn die <lb/>
Blechmusik von Rhazüns. Die Rechnung, welche Pfarrer Arpagaus und <lb/>
Gemeindepräsident J. Christ Casanova über Einnahmen und Ausgaben des <lb/>
Spieles von 1862 ablegten, wirft ein interessantes Licht auf die bescheidenen <lb/>
Anforderungen, die das Volk des Oberlandes damals an die Bühnentechnik <lb/>
stellte 1). Um so lebhafter war die schöpferische Phantasie der Zuschauer. <lb/>
Es waren ungefähr 130 — 150 Personen am Spiel, das fünf Stunden dauerte, <lb/>
beteiligt. Der Zug nach dem Calvarienberg, bei dem die Musik von Rhazüns <lb/>
wohl eher störend voranzog, machte auf die zahlreichen Zuschauer einen <lb/>
tiefen Eindruck; wie der Redaktor der Gasetta Romontscha, Professor <lb/>
Plazidus Condrau, erzählt, weinten viele von den 5000 aus allen Ständen <lb/>
und jedem Alter, vom Kinde bis zum Greise, Tränen der Rührung über <lb/>
die Darstellung der Leiden unseres Herrn und verfolgten mit frommem <lb/>
Sinn den Leidensweg 2). Das Volk an den Quellen des Rheines sprach mit <lb/>
religiöser Begeisterung von der „schönen Passion von Lumbrein“. — Den <lb/>
Besuchern des Passionsspieles gewährten die Lumbreiner die weitgehendste <lb/>
Gastfreundschaft. <lb/>
Die Darstellung des Passionsspieles vom Jahre 1882 geschah auf <lb/>
Grund des vom Ortspfarrer Leonhard Casanova bearbeiteten neuen Textes, <lb/>
der vom früheren bedeutend abweicht und mit geschickter Benutzung des <lb/>
Oberammergauer Textes das lyrische Element ins Spiel hineinträgt. <lb/>
Unter der Leitung des kunstsinnigen Pfarrers, auf den mit Tannenreis <lb/>
… geschmückten Bühnen, mitten in der grossartigen Gebirgslandschaft <lb/>
wurde die Passion aufgeführt, an der sich alt und jung beteiligte. Professor <lb/>
Dr. Hörmann, der diese Aufführung in der Zeitschrift Über Land und <lb/>
Meer beschreibt, sagt zum Schluss: „Wir verliessen den Platz, um es zu <lb/>
gestehen, mit bewegtem Herzen und einem Gefühle hoher Achtung vor der <lb/>
ebenso religiösen als intelligenten Bevölkerung von Lumbrein, die in der <lb/>
szenischen Darstellung jenes hohen Gegenstandes der Passion Christi nicht <lb/>
unterstützt von künstlerischer Seite, aber getragen von innerer Hingabe an <lb/>
die Sache durch die daraus hervorquellende Wärme des Vortrages und ausgestattet <lb/>
1) Beilage F. <lb/>
2) Bd. II, p. 589 ― 592. </body> </text></TEI>