<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> 10 <lb/>
La Passiun da Somvitg <lb/>
des 17. Jahrhunderts im Lugnez üblich, und mit den „Caussas de dertgira“ 1) <lb/>
lässt uns mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass diese letzte Redaktion <lb/>
in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts fallen dürfte. <lb/>
Für diese Datierung der letzten Redaktion wichtig ist auch die Art, <lb/>
wie im Spiele von den Hexen gesprochen wird. Die Hexen sollen an <lb/>
bestimmten Tagen besondere Macht haben und ihr Unwesen treiben. In <lb/>
der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte der epidemisch um sich <lb/>
greifende Hexenglaube im Hochgerichte Disentis zahlreiche Opfer gefordert. <lb/>
Die selbst für jene Zeit brutale Art, wie die Folter zur Verwendung kam, <lb/>
erklärt uns, dass nur sehr wenige den grässlichen Qualen widerstehen <lb/>
und dem Tod entrinnen konnten 2). Selbst der Disentiser Abt Adalbert <lb/>
de Medel, der seine theologischen Studien in Rom gemacht hatte und für <lb/>
die unglücklichen Opfer eintrat, wurde als ein Freund böser Zauberei betrachtet 3). <lb/>
Wahrscheinlich dauerten die Hexenprozesse ähnlich wie in <lb/>
Ilanz bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts. Starb ja noch im Februar <lb/>
1700 Christ Mathiu von Kästris, wegen Hexerei angeklagt, infolge wiederholter <lb/>
Folterung im Gefängnis 4). Wir dürfen wohl annehmen, dass man <lb/>
sich wenigstens bei den Gebildeten in den letzten Jahrzehnten des <lb/>
18. Jahrhunderts des Hexenglaubens schämte, da eine Reaktion eingetreten <lb/>
war; daher hätte ein gleichzeitiger Redaktor des Passionsspieles <lb/>
kaum so über die Hexen sprechen lassen, wie es geschieht. <lb/>
Wir haben aber noch einen stärkeren Beweis dafür, dass die letzte <lb/>
Redaktion des Passionsspieles sehr wahrscheinlich in die erste Hälfte des <lb/>
18. Jahrhunderts fällt. Infolge des unglücklichen Ausganges des Zehntenstreites <lb/>
und der Zuteilung der Kosten des langwierigen Handels brach in <lb/>
der Familie de Latour Streit aus und einige jüngere Mitglieder derselben <lb/>
schlossen sich der österreichischen Partei an. Diese werden von der französischen <lb/>
Partei „Separatisten“ genannt. Die gleiche Bezeichnung lässt der <lb/>
letzte Redaktor des Passionsspieles die Pharisäer gegen die Anhänger Jesu <lb/>
anwenden. In dem össterreichisch gesinnten Somvix, wie bei den <lb/>
katholischen Oberländern überhaupt wird man die Anspielung verstanden <lb/>
1) Wir geben diese beiden interessanten Rechtsdenkmäler im Anhang vollständig <lb/>
als Beilage A und B wieder. <lb/>
2) A° 1667 19 febr. <lb/>
Ei ad ina femna de Tujetsch vigniu dau dilg Obr. in attestat, ca esend <lb/>
ella stada pigliada e stau ora la tortura, sche dei quej ni ad ella ni alla Barentella <lb/>
pude veigni traitg si. Decrets da Cumin p. 6. <lb/>
3) Synopsis Annalium Monasterii Disertinensis, Handschrift im Archiv <lb/>
des Klosters Dissentis. <lb/>
4) Prozessakten des Hochgerichtes Ilanz. </body> </text></TEI>