<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> 1 Vorwort. <lb/>
Als wir vor bald vierzig Jahren eine Sammlung surselvischer Märchen <lb/>
veröffentlichten, liessen wir unsere kurze Vorbemerkung also ausklingen: <lb/>
„Die Märchen, etliche Volkslieder und einige Volksschauspiele bilden den <lb/>
hauptsächlichen Poesiekreis der rätoromanischen Sprache.“ Späteres Forschen <lb/>
und Suchen war nicht imstande, an dieser Ansicht etwas zu ändern. <lb/>
Da nun, dank der eidgenössischen Unterstützung, die rätoromanische <lb/>
Chrestomathie sich zu einer Sammlung der bedeutendsten nationalen Denkmäler <lb/>
erweitert hat, schien es angezeigt, die Volksschauspiele vollständig <lb/>
wiederzugeben; sind ja gerade sie ein dermassen bodenständiges Erzeugnis, <lb/>
dass sich an ihm die geistigen, moralischen, rechtlichen und politischen <lb/>
Anschauungen, wir möchten sagen, die Lebensquellen des Volkes offenbaren. <lb/>
Dabei müssen wir in allererster Linie an das Somvixer Passionsspiel <lb/>
denken, das wir geradezu einen Romanenspiegel nennen möchten, <lb/>
gleich wichtig für die Kultur wie für die Literatur. Mit einer Treue und <lb/>
einer Wahrheit, durch die des Lesers Verwunderung fast bis zum Erschrecken <lb/>
gesteigert wird, schaut und spricht aus dem Passionsspiel neben und hinter <lb/>
dem religiösen Moment etwas anderes mit aller Klarheit und Wucht zu <lb/>
uns: das so reiche, so vielbewegte politische Leben des Volkes an den <lb/>
Quellen des Rheins im 16., 17. und im beginnenden 18. Jahrhundert. <lb/>
Ganz natürlich, dass ein solches Passionsspiel zum nationalsten und originellsten <lb/>
Literaturbestand zählen muss; das Spiel selbst steht unter den <lb/>
anderen religiösen Spielen erhobenen Hauptes und trotziger Stirne, ähnlich <lb/>
dem kleinen Alpenvolke, dessen liebes und stolzes Besitztum es bildet. <lb/>
Farbenprächtig und lebensvoll spiegelt sich im Passionsspiel jene grosse <lb/>
Zeit wieder, in der die Männer, die über die Bündnerpässe zu verfügen <lb/>
hatten, in der europäischen Politik noch eine Rolle spielten. <lb/>
Ausnahmsweise geben wir zum Passionsspiel und den übrigen Stücken <lb/>
eine Einleitung, in der wir es versuchen, Ursprung und Entwickelung des <lb/>
Stückes nachzuweisen. Es schien uns an der Zeit zu sein, diesen Versuch <lb/>
zu wagen; denn selbst heute, da die letzten Vertreter einer alten <lb/>
von Geschlecht zu Geschlecht überlieferten Tradition noch leben, ist es <lb/>
Romanische Forschungen XXXIII. 1 </body> </text></TEI>