<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> Einleitung. <lb/>
XIII <lb/>
verfolgen lässt; man könnte aus demselben den fehlenden Schluss des <lb/>
romanischen Liedes rekonstruieren, wo der Trommler die Königstochter <lb/>
verschmäht. <lb/>
Bei einigen gerade von den älteren Liedern fehlt der Schluss; so in <lb/>
einer älteren Fassung des Malbruchliedes. Bemerkenswert an dem Liede <lb/>
ist, dass hier der schöne Fürst und König von Holland die Stelle Malbruchs <lb/>
einnimmt. Das Lied von dem König, dessen Tod vom schwarzgekleideten <lb/>
Diener der Fürstin gemeldet wird, repräsentiert die älteste Form des <lb/>
Malbruchliedes. <lb/>
Der Schluss fehlt auch beim Liede vom Fähndrich, wo der Baron <lb/>
und seine Tochter in Chur, der Stadt, an die Stelle der Königstochter <lb/>
und des Königs von Frankreich getreten sind. Dass die jetzige Fassung <lb/>
aus vorreformatorischer Zeit stammt, glauben wir aus der Erwähnung <lb/>
des „Kilbitanzes“ schliessen zu dürfen, zu dem auch die Knabenschaft <lb/>
von Frankreich erscheint. <lb/>
Bei einem Volke, das seit Jahrhunderten über sein Schicksal entschieden <lb/>
… hat und bei dem der Krieg ein Volkskrieg im eigentlichen Sinne <lb/>
des Wortes war, mussten die geschichtlichen Vorgänge tiefe Spuren im Volksliede <lb/>
… zurücklassen. Campell hat uns, wenn auch leider nicht die vollständigen <lb/>
Lieder, so doch einzelne Bruchstücke aufbewahrt, aus welchen wir Schlüsse <lb/>
auf den Charakter dieser Lieder ziehen können. <lb/>
Es sind epische Gesänge, bei denen, wie bei jeder echt volkstümlichen <lb/>
… Epik, Rede und Gegenrede der Helden einen … breiten Raum einnehmen. <lb/>
… <lb/>
Ähnlich wie bei den Serben und Montenegrern, waren auch bei uns <lb/>
die von einem, „der dabei gewesen“, gesungenen Schlachtlieder wirkliche <lb/>
Volkslieder. Das letzte Lied dieser Art ist das S. 185 — 190 abgedruckte Lied <lb/>
vom Kampfe mit den Österreichern aus dem Jahre 1623; hieher gehört <lb/>
auch das Lied vom Müsserkriege, von Johann Travers niedergeschrieben, <lb/>
das so das älteste Denkmal unserer Literatur wurde. Wäre das nicht der <lb/>
Fall gewesen, so würde niemand im Verfasser den gewaltigen Staatsmann <lb/>
und gelehrten Humanisten, den Freund des Simon Lemnius vermuten, so <lb/>
echt volkstümlich ist diese Antwort auf ein Schandlied, das im Bergell <lb/>
gesungen wurde. <lb/>
In den wildbewegten Tagen, wo die Grossmächte um die rätischen <lb/>
Pässe stritten und die Religionskämpfe in den rätischen Tälern wüteten, <lb/>
wurde die öffentliche Meinung im Liede bearbeitet, der Gegner angegriffen, <lb/>
mit Hohn und Spott überschüttet und das Lob der eigenen Partei gesungen. <lb/>
… Wenn das surselvische Lied auf Jörg Jenatsch offenbar die Rache <lb/>
des rätischen Diktators fürchtet und dem Herrschgewaltigen nur in vagen </body> </text></TEI>