<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> XII Einleitung. <lb/>
Alessandro d' Ancona in Ripafratta gefunden und Nigra mitgeteilt, gibt <lb/>
dieser in seinen: Canti popolari del Piemonte 1). <lb/>
Wie bei den Märchen, so ist es auch bei den Balladen sehr schwer, <lb/>
Eigenes vom Übersetzten auszuscheiden. So war es uns bei einem von <lb/>
Flugi gegebenen Volksliede: „Ad eir üna giuvna sün ün marchio“ immer <lb/>
aufgefallen, dass die verlassene Tochter bekennt, sie sei vom treulosen <lb/>
Geliebten verlassen worden, weil ihr Vater ein Hirte, ein Gemeindediener <lb/>
gewesen sei. Der Hirtenstand wurde bei den Rätoromanen nie als ein <lb/>
niedriger Stand angesehen, sondern war dem Bauernstand vollkommen ebenbürtig. <lb/>
… In der Version, die Vital gibt, wird der Hirt dem Edelmanne, <lb/>
der eine goldene Kette trägt, gegenübergestellt; dieser Gegensatz zwischen <lb/>
Hirt und Edelmann ist für das Engadin noch unwahrscheinlicher. Der <lb/>
ganz nationale Schluss, nämlich die Berufung auf die schöne Ebene von <lb/>
„las Agnias“, die alte Richtstätte des Engadins, hatten aber unseren Verdacht <lb/>
als einen unbegründeten erscheinen lassen. Zum Glück aber hat sich <lb/>
bei Vital der ursprüngliche Schluss erhalten: „Dieses Lied, das ihr gehört <lb/>
habt, ist gerade hier ohne Schwierigkeit übersetzt worden. Und der es <lb/>
zuerst gesungen hat, der war ein Mann, der schon verheiratet war. Ich <lb/>
nenne ihn nicht, aber ich halte ihn für einen Ehrenmann.“ Nach Ton <lb/>
und Haltung glauben wir, die Übersetzung in das 17. Jahrhundert verlegen <lb/>
… zu müssen. Aus dem Deutschen übersetzt, erklärt sich die Gegenüberstellung <lb/>
… des Hirten und Edelmannes. <lb/>
Der Einfluss des französischen Liedes auf unser romanisches ist unbestreitbar; <lb/>
… weiss doch sogar das surselvische Kinderlied vom Burschen zu <lb/>
erzählen, der nach Frankreich ging, um für den König die Lanze zu <lb/>
führen. Und Campell bezeugt durch ein aufbewahrtes Bruchstück eines <lb/>
Volksliedes, wie schon im 16. Jahrhundert der Engadiner ein französischer <lb/>
Söldner wurde, der vom König als vom „guten Vater“ die ausgeteilten <lb/>
Sonnenkronen in Empfang nimmt. So ist das Lied von den drei jungen <lb/>
Tambouren mit dem Refrain: „Ran, ran, rataplan“ auf das Original zurückzuführen, <lb/>
… das uns Graf de Puymaigre in seiner Sammlung von Volksliedern <lb/>
… aus Lothringen aufbewahrt hat und das sich in verschiedenen <lb/>
Varianten in ganz Frankreich 2), bei den Piemontesen 3) und Katalanen 4) <lb/>
1) In den Anmerkungen zu den Volksliedern, die in Band X erscheinen, <lb/>
geben wir zu einer Anzahl die fremdländischen Originale. <lb/>
2) Romancero de Champagne, par M. Tarbé t. II., p. 127. Romania, XIII., <lb/>
434. Guillon, Chans, pop. de l' Ain, 91. Gérard de Nerval, Les filles du feu, <lb/>
La Bohème galante. Annuaire des trad. pop. II, 46. Mémoires de la Société <lb/>
d' emulation de Cambrai, t. XXVIII, p. 276. E. Rolland, Rec. I., 266. II., 149. <lb/>
3) <lb/>
Costantino Nigra, Canti popolari del Piemonte, p. 382 — 385. <lb/>
4) <lb/>
F. P. Briz, Consons de la terra, III, 111. Milá, Romancerillo, 175. </body> </text></TEI>