<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> 242 Nachwort <lb/>
Tavetscher Zaubersprüchen sind offenbar nicht deutsch. Das mit peinlichster <lb/>
Treue hier gesammelte Material mag dazu dienen, eine Anzahl von Fragen <lb/>
unseres Folklore endgültig zu lösen, besonnen abwägend einem jeden der <lb/>
grossen Nachbarvölker, die von der grauen Vorzeit bis heute auf Glaube <lb/>
und Brauch der Rätoromanen Einfluss ausgeübt haben, den gebührenden <lb/>
Antheil zuzuweisen. <lb/>
Während wir an Märchen boten, was unsere Sammlung enthielt, <lb/>
wurde unter den Novellen eine Auswahl getroffen: nur einige wenige <lb/>
sind hier wiedergegeben und zwar jene, deren Inhalt Gegenstand der vergleichenden <lb/>
… Volkskunde geworden ist, die also in ihrer rätoromanischen <lb/>
Fassung besonderes Interesse bieten, wie z. B. La figlia dil retg. <lb/>
Aus der reichen Sammlung von Sagen verbot der Mangel an Raum <lb/>
mehr aufzunehmen als solche, die für unsern Volksglauben charakteristisch <lb/>
oder originellen Gestalten der rätischen Mythologie gewidmet sind. <lb/>
Ein ähnlicher Gesichtspunkt war für Sprichwörter, landwirtschaftliche <lb/>
… Regeln und Rätsel massgebend. Nur solche fanden Zulass, <lb/>
… die in Form oder Inhalt eigentlich rätisches Gepräge tragen. So haben <lb/>
wir auch innerhalb der erstgenannten Kategorie vor allem das Rechtssprichwort, <lb/>
… überhaupt jene Sprichwörter berücksichtigt, die das geistige und politische <lb/>
… Leben des rätischen Volkes kennzeichnen. Die rätselähnlichen <lb/>
Fragen wurden mit wenigen Ausnahmen von unserer Lese ausgeschlossen. <lb/>
Wie nirgends spiegeln sich die verschiedenen sprachlichen und culturellen <lb/>
Einflüsse, welche auf die Rätoromanen eingewirkt haben, in den <lb/>
Kinderliedern uud Kinderspielen, die hier zum ersten Male gesammelt erscheinen. <lb/>
… Da begegnen wir dem alten lateinischen Zählungsreime, neben <lb/>
beidsprachigen und rein romanischen Abzählungsformen. Spiele tragen noch <lb/>
lateinische Namen und im Kinderspruche vom Nebel lebt ein uralter Naturmythus <lb/>
… weiter. <lb/>
Von den Sprüchen seien jene hervorgehoben, die zum Schutze gegen <lb/>
den Zorn des maun cumin, wie die rätische Gemeinde hiess, gebetet wurden. <lb/>
Ein frappantes Seitenstück zu dieser Furcht vor der Gemeinde und ihrem <lb/>
Zorn findet sich in den russischen Sprüchen über die Macht des Mir. <lb/>
Zu den ältesten Denkmälern der rätoromanischen Volkslitteratur gehören <lb/>
… unzweifelhaft die Tavetscher Zaubersprüche und die Canzun <lb/>
de Sontgia Margaretha. Letztere geht nach unserer Ansicht in das <lb/>
früheste Mittelalter zurück. Die uns vorliegende Version glauben wir trotz der <lb/>
ganz modernen Sprache in jene Zeit setzen zu dürfen, als die Kirche des <lb/>
hl. Georg bei Rhäzüns mit ihrer Glocke die Bewunderung der Bewohner <lb/>
der Subselva erregte und diese Glocke im Liede zu der ursprünglich wohl <lb/>
allein stehenden des Klosters St. Gallen gefügt wurde. Wenn im Margarethaliede <lb/>
… der Kunkelsberg, der auch im Kinderliede vorkommt, genannt wird, <lb/>
so kann uns das nicht überraschen, sassen ja im Mittelalter dies- und jenseits <lb/>
… des Berges Rätoromanen. Unser St. Margarethalied ist zugleich ein </body> </text></TEI>