Nachwort
243
interessanter Beitrag zur mythischen Margarethalegende, die wir bei den
deutschen, romanischen und slavischen Völkern finden.
In dem gewiss alten Burschin de Sontg Valentin schimmert ein
Pflanzendämon durch, der vielleicht schon vor der Christianisirung einem
höheren Gotte weichen musste. Noch heute weiht man dem hl. Valentin
eine schwarze Henne zum Schutze gegen Gichter bei Kindern. Den Alpsegen
… „Ave Maria dils Signuns“ kannte im ganzen Oberlande nur
noch ein Hirte vollständig und nur einem glücklichen Zufalle verdanken
wir die Erhaltung dieses so werthvollen alten Spruches, der doch, wie gerade
… die zahlreichen Bruchstücke beweisen, die wir davon in den verschiedenen
… Gemeinden des Oberlandes gefunden haben, einst überall in den
Alpen gebetet wurde.
Am Schlusse des Bandes besprechen wir in einer Anzahl von Anmerkungen
… die hier publicirten Märchen, Novellen u. s. w. im Zusammenhang
mit dem Folklore anderer Völker.
Wir lassen noch die Beschreibung der beiden von uns für diese
Lieferung benutzten Handschriften folgen.
Das Kirchenurbarium von Tavetsch.
Das Jahrzeitbuch der Pfarrkirche von Tavetsch, irrtümlicher
Weise Kirchenurbarium genannt, bildet einen in Holz gebundenen Band
in gross - Folio, 33 cm hoch, 23 cm breit, 38 Pergamentblätter stark, der den
Kirchenkalender sammt einschlägigen Jahrzeiten und eine Anzahl historischer
Nachrichten enthält, welche letztere teilweise schon von Professor Brügger
in seinen „Beiträgen zur Naturkunde der Schweiz“ publiziert
worden sind. Leider sind eine grössere Anzahl von Blättern ganz oder
theilweise herausgeschnitten worden. Angelegt wurde dieses Jahrzeitbuch
in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts.
Auf der innern Seite des vordern Holzdeckels, welche mit Pergament
überzogen ist, findet sich folgende Notiz:
In nomine Domini, amen. Anno a nativitate Domini 1453 orta
erat una secta in civitate Curiensi tam spiritualium quam secularium
contra episcopum Constanciensis dyocesis, qui eciam administrator erat
predicte Curiensis ecclesie. Et pretactus dominus Constanciensis episcopus
… per eosdem expulsus erat. De qua re magnum malum ortum fuerat
in tota dyocesi Curiensi. Insuper canonici aliqui fugierunt, aliquem
alium in episcopum elegerunt et illi possessionem castrorum et aliorum
prestiterunt. Et sic magnus error erat in populo. Alii tenuerunt Constanciensem
… pro episcopo, alii electum per canonicos. Jta qui illum
electum tenuerunt, illi omnes sententiam excommunicacionis maiorem inciderunt,
16*
<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> Nachwort <lb/>
243 <lb/>
interessanter Beitrag zur mythischen Margarethalegende, die wir bei den <lb/>
deutschen, romanischen und slavischen Völkern finden. <lb/>
In dem gewiss alten Burschin de Sontg Valentin schimmert ein <lb/>
Pflanzendämon durch, der vielleicht schon vor der Christianisirung einem <lb/>
höheren Gotte weichen musste. Noch heute weiht man dem hl. Valentin <lb/>
eine schwarze Henne zum Schutze gegen Gichter bei Kindern. Den Alpsegen <lb/>
… „Ave Maria dils Signuns“ kannte im ganzen Oberlande nur <lb/>
noch ein Hirte vollständig und nur einem glücklichen Zufalle verdanken <lb/>
wir die Erhaltung dieses so werthvollen alten Spruches, der doch, wie gerade <lb/>
… die zahlreichen Bruchstücke beweisen, die wir davon in den verschiedenen <lb/>
… Gemeinden des Oberlandes gefunden haben, einst überall in den <lb/>
Alpen gebetet wurde. <lb/>
Am Schlusse des Bandes besprechen wir in einer Anzahl von Anmerkungen <lb/>
… die hier publicirten Märchen, Novellen u. s. w. im Zusammenhang <lb/>
mit dem Folklore anderer Völker. <lb/>
Wir lassen noch die Beschreibung der beiden von uns für diese <lb/>
Lieferung benutzten Handschriften folgen. <lb/>
Das Kirchenurbarium von Tavetsch. <lb/>
Das Jahrzeitbuch der Pfarrkirche von Tavetsch, irrtümlicher <lb/>
Weise Kirchenurbarium genannt, bildet einen in Holz gebundenen Band <lb/>
in gross - Folio, 33 cm hoch, 23 cm breit, 38 Pergamentblätter stark, der den <lb/>
Kirchenkalender sammt einschlägigen Jahrzeiten und eine Anzahl historischer <lb/>
Nachrichten enthält, welche letztere teilweise schon von Professor Brügger <lb/>
in seinen „Beiträgen zur Naturkunde der Schweiz“ publiziert <lb/>
worden sind. Leider sind eine grössere Anzahl von Blättern ganz oder <lb/>
theilweise herausgeschnitten worden. Angelegt wurde dieses Jahrzeitbuch <lb/>
in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. <lb/>
Auf der innern Seite des vordern Holzdeckels, welche mit Pergament <lb/>
überzogen ist, findet sich folgende Notiz: <lb/>
In nomine Domini, amen. Anno a nativitate Domini 1453 orta <lb/>
erat una secta in civitate Curiensi tam spiritualium quam secularium <lb/>
contra episcopum Constanciensis dyocesis, qui eciam administrator erat <lb/>
predicte Curiensis ecclesie. Et pretactus dominus Constanciensis episcopus <lb/>
… per eosdem expulsus erat. De qua re magnum malum ortum fuerat <lb/>
in tota dyocesi Curiensi. Insuper canonici aliqui fugierunt, aliquem <lb/>
alium in episcopum elegerunt et illi possessionem castrorum et aliorum <lb/>
prestiterunt. Et sic magnus error erat in populo. Alii tenuerunt Constanciensem <lb/>
… pro episcopo, alii electum per canonicos. Jta qui illum <lb/>
electum tenuerunt, illi omnes sententiam excommunicacionis maiorem inciderunt, <lb/>
16* </body> </text></TEI>