<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> Einleitung 161 <lb/>
Das ursprüngliche Ende des wilden Mannes war wohl das Erstochenwerden, <lb/>
das später in einen Aderlass umgewandelt wurde, während anderswo <lb/>
andere Todesarten eintraten: in Böhmen durch den Scharfrichter, zu <lb/>
Scheibenberg im Erzgebirge durch Erstechen und Erschiessen 1). <lb/>
In Sins - Engandin machen die Knaben noch jetzt am 2. Februar <lb/>
einen Schneemann, den sie mit Tannenzweigen und Tannenbart <lb/>
schmücken 2). <lb/>
An die Hexe mit der Wasserspritze erinnert uns ein Brauch im Unterengadin, <lb/>
… dass nämlich am Johannistag im Sommer die Knaben mit Wasserspritzen <lb/>
die Mädchen verfolgen 3). <lb/>
In Vrin - Lungnez hat sich der Maskierte, der das Weib in einem Korbe <lb/>
trug, in der ursprünglichen Gestalt erhalten, ein Bursche trägt dort ein <lb/>
Mädchen in einer Kornwanne, was eine besondere Bedeutung haben mag, <lb/>
indem das Aschenbrödel unter der Kornwanne (La Schenderletga sut il von) <lb/>
eine bekannte Figur des rätoromanischen Märchens ist 4). <lb/>
Noch im 15. Jahrhundert herrschte im Bündner Oberland ein Brauch, der <lb/>
wohl auch aus dem Glauben an den Vegetationsdämon seine Erklärung findet. <lb/>
Der Chronist Tschudi, mit Land und Volk der drei Bünde vertraut, erzählt: <lb/>
„In obgedachter Riuier der Etuatiern, zuo ylantz, Lugnitz, und in der <lb/>
Gruob ist, der sitt von heydnischen zyten harkomen, das sy zuo ettlichen <lb/>
jaren gemein versamlungen hond, verbutzend sich, legend harnasch und <lb/>
gwœr an, unnd nimpt yeder ein starken grossen stecken, oder knüttel, ziehend <lb/>
also in einer harscht mit einnandren von eim dorff zum andern, thuoond <lb/>
hoch sprüng und seltsam abenthür, als sy by warheyt veriehend, das sy <lb/>
sœllich sprüng, nach hinthueung jrer harnisch, und endung jrs fürnemens, <lb/>
sollicher hœhe uñ wyte niendert gethuon mœgend. Sy louffend starcks <lb/>
anlouffs in einandren, stossend, und putschend mit krefften, ye einer den <lb/>
anndern, das es erhilt, sy stopffend lut mit jren grossen stecken, dañenthar <lb/>
werdend sy daselbßzuoland die stopffer genempt, sy thuonds das jnē jr, <lb/>
korn desterbaß geraten sol, haltend also disen aberglouben 5). <lb/>
Der rätische Chronist Ulrich Campell, der die Stopfer gesehen, beschreibt <lb/>
ihren Umzug. Mit dem Sagenkreis, den die Jahrhunderte um die <lb/>
Stopfer gewoben, bekannt, führt er ihr bacchantisches Tun auf dämonische <lb/>
Einflüsse zurück. (Beilage A.) <lb/>
1) Mannhardt, Der Baumkultus, p. 336. <lb/>
2) <lb/>
Mitteilung des Dichters Caspar Bardola. <lb/>
3) <lb/>
II. Fortsezzung des Nachtræge ueber das Unter - Engadin von M. R[œsch] <lb/>
in Der neue Sammler, III, Jahrgang p. 46. <lb/>
4) Bd. II, p. 125, 100. <lb/>
5) <lb/>
Die uralt warhafftig Alpisch Rhetia getruckt zuo Basel, M. D. XXXVIII, <lb/>
p. Hv. <lb/>
Romanische Forschungen XXXIII. 11 … </body> </text></TEI>