<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> Nachwort <lb/>
1099 <lb/>
Zahlreiche Überreste der niederen Mythologie enthält auch die Sammlung: <lb/>
… Aberglaube. Wir erinnern nur an die Seelen in den Seen, das <lb/>
Feuer- und Windopfer. <lb/>
Charakteristisch für das rätoromanische Volk sind die Sprichwörter <lb/>
über die Gemeinde und den freien Bauer. Hier weht uns jener Geist <lb/>
entgegen, der die Burgen brach und die Volksbünde schuf. <lb/>
Auch bei den Landwirtschaftsregeln und Rätseln begegnen <lb/>
wir allerlei Resten von mythischen Vorstellungen, so wenn der Winter <lb/>
ein riesiges Pferd und der erste Schnee sein Füllen ist, wenn der Wind <lb/>
als gewaltiger Riese erscheint, der über die Erde dahinschreitet, oder wenn <lb/>
der Monat Februar einen Wolfsrachen und einen goldenen Schweif hat. <lb/>
Die Heiligen Agatha und Verena sind wohl an Stelle alter Wettergottheiten <lb/>
… getreten. <lb/>
Das Kinderlied ist auch bei den Rätoromanen die letzte Zufluchtsstätte <lb/>
… alten Glaubens, alten Rechtes und alter Sitte, und so manches, was <lb/>
sich in diesen Sprüchen erhalten, erfüllt für den Kulturhistoriker die gleiche <lb/>
Aufgabe wie die Leitmuschel für den Geologen. Im Kinderliede leben <lb/>
noch fort die Nebelmutter, welche saugt, bis sie platzt, und die Gewitterwolke, <lb/>
… welche als <lb/>
böse Brida verderbenbringend vom Gebirge herkommt. <lb/>
Man gibt dem Kinde beim Herde den Namen und der Junge muss das <lb/>
Mädchen, das so viel kostet, kaufen. Das Kinderlied erzählt von der <lb/>
von schwäbischen Burgen bedrängten Grenzbrücke in Ringgenberg, und es <lb/>
kommt noch die Strafe des Pfählens vor. <lb/>
Wie nirgends spiegeln sich die verschiedenen sprachlichen und <lb/>
kulturellen Einflüsse, welche auf die Rätoromanen eingewirkt haben, in <lb/>
den Kinderspielen, die hier zum erstenmale gesammelt erscheinen. <lb/>
Da begegnen wir dem alten lateinischen Zählungsreime, neben beidsprachigen <lb/>
und rein rätoromanischen Formen; ja einzelne Spiele tragen noch lateinische <lb/>
Namen. <lb/>
Indem die Volksgebräuche gesammelt wurden, war es möglich, <lb/>
einen Einblick in das Wesen derselben zu erhalten. So wissen wir heute, <lb/>
dank der Form, welche <lb/>
die Mantinadas in Vrin annahmen, dass diese <lb/>
alte rätische Feier zum Preise des in der Natur neu erwachten Vegetationsgeistes <lb/>
… abgehalten wurde. Die Gebräuche beim Dreschen des Kornes <lb/>
zeigen, wie die Korndämonen selbst auf dem vorgeschobensten Posten des <lb/>
Getreidebaues ihre Verehrung fanden. <lb/>
Zu den ältesten Denkmälern der rätoromanischen Volkslitteratur gehören <lb/>
… unzweifelhaft die Tavetscher Zaubersprüche und die Canzun <lb/>
de Sontgia Margaretha. Letztere geht nach unserer Ansicht in das <lb/>
früheste Mittelalter zurück. Die uns vorliegende Version glauben wir trotz </body> </text></TEI>