<TEI> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition>Digitalisierte Ausgabe</edition> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">1</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Köln</pubPlace> <publisher> <orgName>Sprachliche Informationsverarbeitung, Universität zu Köln</orgName> <email>buero@spinfo.uni-koeln.de</email> <address> <addrLine>Albertus-Magnus-Platz</addrLine> <addrLine>50923 Köln</addrLine> </address> </publisher> <availability> <licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/de/"> <p>Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.</p> </licence> </availability> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Decurtins, Caspar: Rätoromanische Chrestomathie</bibl> <biblFull> <titleStmt> <title level="m" type="main">Rätoromanische Chrestomathie</title> <author> <persName> <surname>Decurtins</surname> <forename>Caspar</forename> </persName> </author> </titleStmt> <editionStmt> <edition n="1"/> </editionStmt> <extent> <measure type="pages">7260</measure> </extent> <publicationStmt> <pubPlace>Erlangen</pubPlace> <publisher> <name>Vollmöller, Karl</name> </publisher> </publicationStmt> </biblFull> <msDesc> <msIdentifier> <repository>Digizeitschriften.de</repository> </msIdentifier> <physDesc> <typeDesc> <p>Chrestomatie</p> </typeDesc> </physDesc> </msDesc> </sourceDesc> </fileDesc> <encodingDesc> <p>Dieses Werk wurde in XML/TEI P5 kodiert.</p> </encodingDesc> <profileDesc> <langUsage> <language>Rhaeto Romanic</language> </langUsage> <textClass></textClass> </profileDesc> </teiHeader> <text> <body> 1098 Nachwort <lb/>
Ein ähnlicher Gesichtspunkt war für Sprichwörter, Landwirtschaftsregeln, <lb/>
… Rätsel, Kinderlieder und Kinderspiele massgebend. <lb/>
… Nur solche fanden Zulass, die in Form oder Inhalt eigentlich <lb/>
… rätisches Gepräge tragen. So haben wir auch innerhalb der erstgenannten <lb/>
… Kategorie vor allem das Rechtssprichwort, überhaupt jene Sprichwörter <lb/>
… berücksichtigt, die das geistige und politische Leben des rätischen <lb/>
Volkes kennzeichnen. Die rätselähnlichen Fragen wurden mit wenigen <lb/>
Ausnahmen von unserer Lese ausgeschlossen. <lb/>
Die meisten der gesammelten Volkslieder sind dem Volksmunde <lb/>
abgelauscht. Wo wir sie Handschriften entnehmen, haben wir den Text <lb/>
genau nach der Vorlage wiedergegeben. War ein Lied bereits gedruckt, <lb/>
so ist das überall bemerkt. Wenn mehrere Varianten desselben Liedes <lb/>
vorhanden sind, so haben wir, dem Beispiel Grundtvigs folgend, diese <lb/>
Varianten vollständig angegeben. <lb/>
Wenn romanischer Sang und Sage in der Subselva auch immer mehr und <lb/>
mehr verstummen, konnten wir doch eine grössere Anzahl von Volksliedern <lb/>
aus <lb/>
der Subselva nach älteren Handschriften geben. <lb/>
Ein reiches Ergebnis hatte unsere langjährige Sammelarbeit auf dem <lb/>
Gebiete des Märchens. In unserer Publikation findet sich eine grosse <lb/>
Anzahl jener Märchentypen, welche die vergleichende Folkloristik als über <lb/>
die ganze Welt verbreitet nachgewiesen hat. Aber diese von Volke zu <lb/>
Volk wandernden Stoffe erhielten ein spezifisch rätoromanisches Gepräge; <lb/>
ja der Inhalt selbst wird in einzelnen Märchen, z. B. in jenem von den <lb/>
drei Winden, so umgestaltet, dass die Märchenform mit … mythischen Figuren <lb/>
aus der rätischen Gebirgswelt ausgefüllt wird. Gerade beim Märchen zeigt <lb/>
sich die Verbindung von romanischem und germanischem Wesen, welche <lb/>
den Rätoromanen eigen ist, indem der sinnige Ernst und die sittliche <lb/>
Auffasssung, welche das deutsche Märchen kennzeichnet, mit der dem <lb/>
Süden eigenen leichten, farbenreichen Darstellung sich vermählt. <lb/>
In den Sagen spiegelt sich die rätische Alpenwelt. Die unheimlich <lb/>
… düsteren Naturgewalten, mit denen der Mensch dort oben an den <lb/>
Grenzen des ewigen Schnees einen so harten Kampf führt, erscheinen hier <lb/>
in charakteristischer Personifikation. Gerade bei den ersten Sagen unserer <lb/>
Sammlung, die wir an den Quellen des Vorderrheins gefunden, ist der <lb/>
mythische Schleier noch so durchsichtig, dass man genau verfolgen kann, <lb/>
wie ein Naturmythus entsteht und wächst. In den Dieuldas und <lb/>
Tschalareras treten uns die Vegetations- und Windgeister entgegen, <lb/>
während in den Steinsagen Überreste eines alten Kultus sich erhalten <lb/>
haben. Ein Zusammentreffen von mythischen Vorstellungen und historischen <lb/>
Thatsachen charakterisiert die Pestsage. </body> </text></TEI>